VZ-Analyse

Landis+Gyr: Der neue CEO macht Tabula rasa

Vor einigen Tagen schockte Landis+Gyr ihre Aktionäre mit einer Gewinnwarnung. Das Unternehmen gab bekannt, sich in Europa aus dem Geschäft mit E-Auto-Ladestationen zurückzuziehen. Damit trennt sich der Zuger Stromzählerhersteller von einem verlustreichen Geschäft.

18. Febr. 2025

Autor: Stefan Müller, VZ Investment Solutions

Aufgrund der schlechten Geschäftslage ist ein Verkauf dieser Sparte nicht möglich, was in einer hohen Abschreibung mündet. Daraus resultiert eine Gewinnwarnung und eine Korrektur nach unten der bisherigen Prognosen für das Gesamtjahr (per Ende März 2025). Der Aktienkurs von Landis+Gyr reagierte darauf mit einem Tagesverlust von über 20 Prozent. Damit nimmt der seit November 2024 amtierende neue CEO eine erste Korrektur vor. Im vergangenen Jahr bescherten die Ladestationen dem Unternehmen einen Verlust von 10 Millionen Dollar. Für dieses Jahr dürfte der Fehlbetrag noch höher ausfallen, weshalb das Geschäft so schnell wie möglich eingestellt wird. Damit wird die Reissleine für einen Geschäftsbereich gezogen, für welchen das Unternehmen bis vor Kurzem noch grosse Chancen für intelligente Ladestationen erachtete und seit 2021 verschiedene Übernahmen forcierte.

Fokus auf die USA

Auch wenn der Aktienkurs sehr sensibel auf diese Nachricht reagiert hat, kommt das Vorgehen nicht gänzlich aus heiterem Himmel. Ende Oktober wurde ein abrupter CEO-Wechsel vollzogen und mit Peter Mainz ein Manager mit grosser Erfahrung in der Stromausrüstung in den USA als Nachfolger installiert. Bereits damals wurde das Europageschäft öffentlich in Frage gestellt und es wurde über eine mögliche Kotierung der Aktie in den USA kolportiert.

Falsch sind diese Überlegungen nicht. Die Konzernregion Amerika, zu welcher auch Japan und Brasilien gehören, steuert rund 60 Prozent des Umsatzes und über 80 Prozent des Betriebsgewinnes bei. Landis+Gyr sucht den Erfolg nun noch stärker in den USA. Dort gibt es veraltete Stromnetze, stromintensive Rechenzentren und Förderprogramme für die heimische Wirtschaft. Die Rechnungslegung des Unternehmens erfolgt bereits in US-Dollar.

Dieser Schritt erfolgt plötzlich und darf als Notstopp betrachtet werden. Der neue CEO will offenbar keine Zeit verlieren und den Fokus fast ausschliesslich nur noch auf die USA richten. Diese Ausrichtung ist sicherlich zu begrüssen und sinnvoll. Das Stromnetz im Flächenland USA ist veraltet, der Bedarf an Investitionen ist gross. Landis+Gyr gelingt es, mit den Produkten und Dienstleistungen zum Strommanagement zu punkten. Zwar werden die Modernisierungen auch staatlich gefördert, was für die Zukunft unter dem neuen Präsidenten Trump nicht garantiert ist. Daher gilt es abzuwarten, inwiefern die neue US-Politik Einfluss auf das Geschäftsumfeld von Landis+Gyr nimmt.

Das Unternehmen sucht seit dem IPO 2017 nach der richtigen strategischen Stossrichtung. In der Vergangenheit wurde Landis+Gyr aus Europa heraus nach «amerikanischem» Stil geführt. Dies führte immer wieder zu Missverständnissen und Vertrauensverlusten in der Beziehung zu den Investoren. Die Aktie reagiert denn auch sehr sensibel auf die teilweise unglückliche Firmenkommunikation. Auch deshalb scheint eine mögliche US-Börsenkotierung durchaus realistisch und vernünftig zu sein.

Der neue CEO scheint willens zu sein, einige Korrekturen anzubringen und dabei keine Rücksicht auf Verluste zu nehmen. Dies kann kurzfristig zwar weitere Schmerzen verursachen, dürfte aber mittelfristig der einzig richtige Weg sein. Es muss weiterhin mit erhöhter Volatilität beim Aktienkurs gerechnet werden, bis das Unternehmen weitere Hausaufgaben gemacht hat. Aber gut möglich, dass die schlechten Nachrichten nun alle auf dem Tisch sind.
 

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