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Todeskreuz beim S&P 500 – Was bedeutet dieses Chartsignal?

Der S&P 500 hat ein technisches Warnsignal ausgesendet: das sogenannte «Todeskreuz». Doch wie gefährlich ist dieses Signal wirklich – und wie sollten Anleger gegebenenfalls darauf reagieren?

24. Apr. 2025

Ein Todeskreuz entsteht, wenn der gleitende 50-Tage-Durchschnitt eines Wertpapiers oder Index unter seinen gleitenden 200-Tage-Durchschnitt fällt. Dieses charttechnische Muster wird häufig als Zeichen nachlassender kurzfristiger Marktdynamik interpretiert. Anfang letzter Woche durchbrach der 50-Tage-Durchschnitt des S&P 500 den längerfristigen 200-Tage-Durchschnitt – das erste Todeskreuz beim US-Leitindex seit März 2022.

Der Begriff «Todeskreuz» klingt dramatisch – und wird genau deshalb von den Medien gern aufgegriffen. Er eignet sich bestens für plakative Schlagzeilen. Für Anleger ist das tatsächliche Risiko jedoch meist weniger bedrohlich, als der Name vermuten lässt.

Ein nachlaufendes Signal

Das Todeskreuz ist ein sogenanntes «lagging indicator» – also ein nachlaufender Indikator. Es tritt in der Regel erst dann auf, wenn die Schwächephase bereits eine Zeit lang andauert. Ob der negative Trend anhält oder sich umkehrt, lässt sich aus dem Signal allein nicht zuverlässig ableiten.

Historische Daten zeigen: In etwa zwei Dritteln der Fälle stand der S&P 500 ein Jahr nach einem Todeskreuz höher – im Schnitt um 6,3 Prozent. Und bei mehr als der Hälfte der 24 Todeskreuze der letzten fünf Jahrzehnte war der grösste Kursrückgang bereits vor dem Signal abgeschlossen. Geduld zu bewahren, erwies sich oft als die beste Strategie.

Kein eindeutiger Indikator

Dennoch: Auf einige Todeskreuze folgten historisch schwere Markteinbrüchen – etwa 1929, 2000 oder 2008. Die Uneindeutigkeit des Signals macht deutlich, wie wichtig der Kontext ist.

Analysten unterscheiden daher zwischen zwei verschiedenen Szenarien, welche zu einem Todeskreuz führen können:

  • Strukturelle Bärenmärkte, ausgelöst durch fundamentale Marktungleichgewichte (z. B. 2000 oder 2008), die mit teils über 55 Prozent Rückgang über mehrere Jahre einhergingen.
  • Ereignisbedingte Korrekturen, beispielsweise durch Handelskonflikte oder aufgrund politischer Massnahmen. Diese Rückgänge sind meist flacher (bis zu 30 Prozent) und kürzer (weniger als ein Jahr).

Das aktuelle Signal, das unter anderem mit Trumps Zollpolitik in Verbindung gebracht wird, dürfte eher in die zweite Kategorie fallen. Doch zusätzliche Belastungsfaktoren wie Rezessionsängste oder geldpolitische Fehler der US-Notenbank könnten die Marktlage weiter verschärfen.

Marktstimmung auf Tiefpunkt

Todeskreuze gehen oft mit extremer Marktstimmung einher – auch aktuell. Der Fear and Greed Index – ein zentraler Indikator für die Anlegerstimmung – ist im April 2025 auf den niedrigsten Stand seit dem COVID-19-Crash von 2020 gefallen, ein Niveau, das zuvor nur während der globalen Finanzkrise erreicht wurde.

Dazu erreichte der Cboe Volatility Index (VIX), oft als «Angstbarometer» bezeichnet, zuletzt Werte wie während des Corona-Crashs. Solche Stimmungstiefs gelten als Kontraindikator – sie deuten häufig auf eine bevorstehende Erholung hin.

Was Anleger jetzt tun sollten

Nicht jedes Todeskreuz ist ein Vorbote massiver Kursverluste. Strukturelle Bärenmärkte verlaufen tief und lang, während ereignisbedingte Rücksetzer in der Regel begrenzt und kurzfristig bleiben. Diese zweite Entwicklung ist weitaus häufiger zu beobachten als die erste.

Nach dem jüngsten Signal sind im Wesentlichen drei Szenarien denkbar:

  1. Schnelle Erholung, wie nach dem Corona-Crash 2020
  2. Längerer Rückgang, ähnlich wie 2022
  3. Seitwärtsbewegung mit hoher Volatilität

Welche Richtung der Markt einschlägt, hängt massgeblich von der weiteren politischen und wirtschaftlichen Entwicklung ab.

Das Todeskreuz mag mediale Aufmerksamkeit erzeugen, ist jedoch kein verlässlicher Indikator für dramatische Kursverläufe. In Phasen erhöhter Unsicherheit ist Gelassenheit oft der grösste Vorteil – und Disziplin der beste Schutz vor emotional getriebenen Fehlentscheidungen. Die Erfahrung zeigt: Wer einer gut durchdachten, zur eigenen Risikofähigkeit passenden Anlagestrategie treu bleibt, fährt langfristig meist am besten.