VZ-Analyse
Die aggressive Handelspolitik von Donald Trump bringt nicht nur die US-Börsen, sondern auch den US-Dollar unter Druck. Eine Chance für die europäische Gemeinschaftswährung, seine globale Rolle zu stärken?

Autor: Andreas Paciorek / VZ Asset Management
Die Handelspolitik von Präsident Donald Trump hat nicht nur Auswirkungen auf die geopolitische Landschaft, sondern auch auf die internationale Stellung des US-Dollars. Während dieser traditionell als „sicherer Hafen“ gilt, steht er aktuell nicht nur gegenüber dem Franken und Euro unter Druck. Nach Trumps Zollschock zum «Liberation Day» fiel der Dollar-Index auf den tiefsten Stand seit 6 Monaten. Spekulationen, dass mit einer Schwächung der Konjunktur der USA das Fed gezwungen sein könnte, den Leitzins stärker zu senken als zuvor erwartet, sind dabei nur ein möglicher Faktor.
Der US-Dollar hat sich über Jahrzehnte als dominierende Reservewährung behauptet. Etwa 57 Prozent der weltweiten Währungsreserven werden in Dollar gehalten, weit mehr als der Anteil der US-Wirtschaft am globalen Bruttoinlandsprodukt. Diese Stellung des Dollars ist nicht nur das Resultat der Grösse der US-Wirtschaft, sondern auch seiner Rolle als das "sicherste" Anlageinstrument auf den globalen Finanzmärkten. Doch Trumps Handelspolitik und die damit verbundenen Spannungen mit seinen wichtigsten Handelspartnern werfen Fragen auf, wie stabil dieser Status des Dollars langfristig bleibt. Die USA setzen mit ihren Einfuhrzöllen nicht nur zunehmend auf protektionistische Massnahmen, sondern entfremden in der Geopolitik – wie beispielsweise in der Ukraine - traditionelle Partner. Sollte Trump den Handelskonflikt mit diesen noch weiter eskalieren, könnte das nicht nur das Vertrauen in die US-Wirtschaft und den Dollar untergraben, sondern eine Umorientierung der internationalen Märkte hin zu alternativen Währungen begünstigen. Wenn man die Pläne des Chefökonomen von Donald Trump, Stephen Miran, ernst nimmt – nämlich den US-Dollar zu schwächen, indem auf Anleihekäufe aus dem Ausland eine Gebühr erhoben wird – könnte dies die Suche nach Alternativen noch verstärken.
Der Euro als mögliche Alternative
Auf der anderen Seite des Atlantik – in Europa - wiederum entwickelt sich aus der Not und des sich öffnenden Grabens zur US-Regierung ein grosses Investitionsprogramm, welches die Konjunktur in Europa stimulieren könnte. Die grösste Volkswirtschaft – Deutschland – und Europa als Ganzes planen mit Billionen-Beträgen nicht nur in den Rüstungssektor, sondern auch in die Infrastruktur zu investieren. Dieser wirtschaftliche Stimulus, insbesondere im Kontrast zu den düsterer werdenden wirtschaftlichen Aussichten in den USA, gibt der Gemeinschaftswährung Auftrieb. Ein grosser Teil der Investitionen soll über Schulden finanziert werden. Es ist nicht ganz auszuschliessen, dass aufgrund des grossen Drucks - insbesondere durch militärische Bedrohungsszenarien - nun sogar der Moment gekommen ist, da in der Europäischen Union der Pfad zur Schuldenunion beschritten wird. Europas Anleihemärkte sind noch fragmentiert, da sie aus einzelnen Staaten bestehen, wobei Deutschland die zentrale Rolle spielt. Diese Fragmentierung verhindert, dass der Euro als attraktive Alternative zum Dollar fungiert, da keine einzelnen Anleihemärkte gross, sicher und liquide genug sind, um den Bedürfnissen von Managern, die Währungsreserven eines Landes oder einer Organisation zu verwalten, gerecht werden.
Die Vorstellung, dass Europa gemeinsame Anleihen herausgibt, könnte die Attraktivität des Euro als Reservewährung weiter steigern. Die Einführung solcher Euro-Bonds könnte das Vertrauen in die wirtschaftliche Kohärenz und Stabilität der Eurozone stärken. Die politische Umsetzung von Euro-Bonds würde allerdings erhebliche Herausforderungen mit sich bringen, insbesondere in Bezug auf die fiskalische Souveränität der einzelnen Mitgliedstaaten. Dennoch könnte dieser Schritt, so er denn kommt, den Euro als Alternative zum Dollar weiter stärken und ihm eine bedeutendere Rolle in den internationalen Finanzströmen verschaffen.
Eine Spekulation mit vielen Fragezeichen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Politik von Donald Trump und die damit verbundene Schwächung des US-Dollars durchaus zu einer Veränderung im globalen Finanzsystem führen könnte. Der Euro könnte von dieser Entwicklung profitieren, insbesondere wenn die EU verstärkt in Infrastruktur investiert und möglicherweise Euro-Bonds einführt. Die Idee eines Übergangs zu einer multipolaren Weltwährung, in der der Euro eine größere Rolle spielt, bleibt jedoch spekulativ. Die geopolitischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen die EU steht, sind nicht zu unterschätzen. Allerdings hat die Europäische Union auch gezeigt, dass sie unter grossem Druck durchaus gestalterisch agieren kann.