Pensionierung

Kapitalbezug aus der Vorsorge: Das spricht gegen höhere Steuern

Wer für seine Pensionierung spart, wird steuerlich belohnt – zumindest bis heute. Einige Steuervorteile könnten aber bald wegfallen, obwohl vieles gegen höhere Steuern spricht. Das sorgt für Verunsicherung.

Portrait von Karl Flubacher
Karl Flubacher
Pensionierungsexperte
Publiziert am
04. November 2024

Eine Expertengruppe hat im Auftrag des Bundesrats verschiedene Sparpotenziale und Möglichkeiten für Mehreinnahmen auf Bundesebene ausgearbeitet. Dazu gehört auch eine Erhöhung der Steuern, die anfallen, wenn man die Ersparnisse aus der Pensionskasse und Säule 3a bezieht.

Diese Massnahme verunsichert viele Sparerinnen und Sparer. Sie fragen sich, was die Folgen für ihre Pensionierung sind und ob sich das Sparen in der Pensionskasse und Säule 3a überhaupt noch lohnt? Die folgenden Punkte sind wichtig.

Säule 3a

Um das private Sparen für die Pensionierung attraktiv zu machen, hat der Bund gezielt steuerliche Anreize geschaffen. Wer in die Säule 3a einzahlt, kann den Betrag vom steuerbaren Einkommen abziehen. Gleichzeitig wird das Geld nicht als Vermögen und die Erträge nicht als Einkommen besteuert. Erst beim Bezug wird eine Steuer fällig. Bis heute wird das Ersparte getrennt vom übrigen Einkommen besteuert – zu einem privilegierten Tarif. Das könnte sich nun ändern.

Anders als ursprünglich vom Bund geplant, soll nicht mehr der ganze Sparprozess steuerlich begünstigt werden. Betroffen wäre die Auszahlung der Ersparnisse. Diese würden bei der Bundessteuer neu mit einem Satz besteuert werden, der auch für das normale Einkommen gilt – die Steuern könnten darum stark steigen.

Fazit: Die Säule 3a ist entscheidend, um genügend Geld fürs Alter anzusparen. Darum wäre es sinnvoll, die finanziellen Anreize zu verbessern – nicht zu verschlechtern. So werden Erwerbstätige motiviert, mehr in ihre Vorsorge einzuzahlen, um allfällige Lücken zu schliessen. Denn eigentlich sollten die Renten aus der AHV und der Pensionskasse zusammen 60 Prozent des letzten Lohnes ausmachen – tatsächlich decken sie oft nur noch knapp 50 Prozent.

Pensionskasse

Eine Anpassung hätte auch spürbare Folgen auf die Überlegung, ob man freiwillig in die Pensionskasse einzahlt (PK-Einkäufe), und auf die Entscheidung, wie man das Ersparte bezieht: als Rente, Kapital oder als Kombination aus beidem. 

Merkblatt
Merkblatt

Pensionierung – Rente oder Kapital?

Wie soll man das Pensionskassenguthaben beziehen? Die wichtigsten Kriterien für Ihren Entscheid erfahren Sie in diesem Merkblatt.

Bis heute hängen die Steuern davon ab, wie gross das bezogene Guthaben ist. Künftig sollen die Steuern auch vom Einkommen abhängen. Wer ein höheres Einkommen erzielt, soll für den gleichen Kapitalbezug deutlich mehr bezahlen. Damit will der Bund verhindern, dass man nur aus steuerlichen Gründen das Kapital wählt statt der Rente. Darum sollen die Auszahlungssteuern der Rentenbesteuerung angenähert werden. Das greift zu kurz.

Grund: Den meisten Erwerbstätigen wird ein Steuervorteil unterstellt, den sie gar nicht haben. Denn beim Rentenbezug hängt die Steuerbelastung stark vom Umwandlungssatz ab. Nimmt man den gesetzlichen Umwandlungssatz von 6,8 Prozent, so ist die steuerliche Belastung (Bund, Kanton und Gemeinde) beim Kapitalbezug langfristig tatsächlich tiefer. Allerdings: Für die meisten Pensionierten gilt schon heute ein viel tieferer Mischsatz. Im Schnitt liegt er bei 5,3 Prozent, bei vielen grossen Pensionskassen aber bereits zwischen 4,5 und 5 Prozent. Bei einem Umwandlungssatz von 5,3 oder 4,5 Prozent bringt der Kapitalbezug kaum Steuervorteile. Der Mann im Beispiel in der Grafik würde erst im Alter 80 oder 85 steuerlich profitieren (siehe Grafik).

 

Fazit: Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass sich die wenigsten Pensionierten nur wegen der Steuern für einen Kapitalbezug entscheiden. Mehr als die Hälfte wählt die lebenslange Rente. Rund ein Drittel wählt eine Kombination aus Rente und Kapital – für viele Ehepaare eine prüfenswerte Variante. Die Entscheidung hängt wesentlich davon ab, wie ein Ehepaar den Vermögensverzehr plant und welche Lebensqualität es sich wünscht. Auch die Familienkonstellation, der Gesundheitszustand und eine mögliche Erbschaft spielen eine Rolle.

Die diskutierte Gesetzesänderung würde die direkte Bundessteuer betreffen. Oft geht vergessen: Die Pensionskassenrenten werden nach der Pensionierung von den Kantonen und Gemeinden lebenslänglich als Einkommen besteuert. Das gilt auch für Zinsen und Dividenden, die nach der Pensionierung mit dem bezogenen Kapital erzielt werden. Zudem unterliegt das Kapital der Säule 3a und der Pensionskasse der Vermögenssteuer – ebenfalls ein Leben lang.

Sicherheit ist entscheidend

Politisch steht die Diskussion um eine höhere Besteuerung der Vorsorge-Ersparnisse erst am Anfang. Die geplante Massnahme soll Anfang 2025 in die Vernehmlassung gehen. Dann wird sich zeigen, in welcher Form der Vorschlag aufgenommen wird.

Die diskutierte Massnahme verunsichert die Erwerbstätigen stark. Viele machen sich Sorgen, weil die Pensionierung immer komplexer wird. Gründe dafür sind die vielen Reformen, die komplizierten Steuergesetze sowie das Auf und Ab der Zinsen auf Sparkonten und Hypotheken. Die meisten wünschen sich darum mehr Sicherheit, um Geld für ihre Pensionierung anzusparen – und nicht umgekehrt.