Geldanlagen

So geht es mit der Zinsentwicklung weiter

Nach der Schweiz sind nun auch in der Eurozone die Zinsen wieder leicht gesenkt worden. Doch was planen die Notenbanken für die kommenden Monate? Eine Einschätzung von VZ-Anlagechef Christoph Sax. 

Christoph Sax
Chief Investment Officer
Publiziert am
12. Juni 2024

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat vergangene Woche den Leitzins erstmals seit fünf Jahren um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Sie folgt damit der Bank of Canada und der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die bereits zuvor ihr Zinsniveau gesenkt hatten. Heute Mittwochabend steht auch noch der Zinsentscheid der US-Notenbank (Fed) an. Die Finanzmärkte sehen es aber als unwahrscheinlich an, dass das Fed ebenfalls bereits im Juni den Leitzins heruntersetzt (vgl. Grafik).

Hier ein kurzer Überblick zu den Zinsaussichten der einzelnen Notenbanken:

Schweizerische Nationalbank (SNB): 
Nach dem überraschenden Zinsschritt im März dürfte die Notenbank bei ihrer Zinssitzung kommende Woche die Füsse stillhalten. Die Inflation hat in der Schweiz zuletzt wieder etwas angezogen – auch aufgrund der Frankenschwäche im ersten Quartal. Die SNB verwies in der Folge darauf, dass sie der Abschwächung des Frankens bei Bedarf mit Devisenverkäufen entgegenwirken werde. Leitzinssenkungen dagegen schwächen den Franken tendenziell. Die SNB dürfte folglich abwarten und den Franken-Kurs im Auge behalten.

Europäische Zentralbank (EZB): 
In der Eurozone schwächelt die Wirtschaft bereits seit gut eineinhalb Jahren, gleichzeitig hat sich auch die Inflation in diesem Zeitraum deutlich abgeschwächt. Seit dem Höchststand im Oktober 2022 bei 10,6 Prozent ist sie bis im Mai auf 2,7 Prozent gefallen. Damit liegt sie nahe beim Zielband der Notenbank. Die Leitzinssenkung war ein wichtiges Signal für die Wirtschaft und die Finanzmärkte. In ihrer Kommunikation hat die EZB die Tür für weitere Senkungen offengelassen, auch wenn dies wohl noch nicht im Juli geschehen wird. Denn die Notenbank geht davon aus, dass die Inflation sich langsamer als erwartet abschwächt. Das Lohnwachstum lässt nur zögerlich nach. Die Kern- wie auch die Gesamtteuerung dürften erst kommendes Jahr unter die Marke von 2 Prozent fallen.

US-Notenbank (Fed): 
Wegen des weiterhin starken Arbeitsmarkts dürfte die US-Notenbank den Zins kaum vor der Sommerpause senken. Sie wird abwarten, bis die Inflation kontinuierlich weiter nachlässt. Im Mai lag sie noch bei 3,3 Prozent und damit deutlich über dem anvisierten Ziel der Notenbank von 2 Prozent. Dennoch erwarten die Finanzmärkte, dass das Fed bis Ende Jahr die Zinsen um 40 Basispunkte senkt. Das entspricht ein bis zwei Senkungsschritten.
 

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