Wie geht es weiter bei den Zinsen?
Nach den jüngsten Leitzinssenkungen der Notenbanken fragen sich viele Anleger und Hausbesitzer, wie sich die Zinsen in den kommenden Monaten entwickeln könnten. VZ-Anlagechef Christoph Sax analysiert die Zinserwartungen für die Schweiz, Europa und die USA.
Beitrag empfehlen
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) spurt weiterhin vor. Im Dezember senkte sie den Leitzins zum vierten Mal dieses Jahr. Sie überraschte mit einem grossen Schritt von 0,5 Prozentpunkten.
Der SNB-Leitzins, der als Richtwert für den Saron gilt, liegt nun noch bei 0,5 Prozent. Die Null-Linie rückt damit in Griffweite. An den Zinsmärkten gehen die Investoren davon aus, dass der SNB-Leitzins im Laufe des kommenden Jahres auf null sinken wird. Das sind gute Nachrichten für Hypothekarschuldner. Für Sparer bedeutet es dagegen, dass Kontoguthaben schon bald kaum mehr verzinst werden könnten.
Nullzinsen, aber keine Negativzinsen
In den negativen Bereich dürfte der SNB-Leitzins allerdings nicht so bald wieder fallen. Die heutige Situation ist nicht vergleichbar mit jener vor 10 Jahren, als der Leitzins bis auf -0.75% gesenkt wurde. Damals ist die EZB der SNB vorausgeeilt. Die Zinsen in der Eurozone drohten
Heute liegt der Leitzins in der Eurozone 2,5 Prozentpunkte höher als in der Schweiz. Die Europäische Zentralbank hat ihren Leitzins zwar ebenfalls gesenkt – er liegt allerdings immer noch bei 3 Prozent. Das Zinsniveau bleibt in der Eurozone damit auf absehbare Zeit höher als in der Schweiz.
Doch deckt sich diese Erwartung mit dem Ausblick der Notenbanken: Wie geht es in den kommenden Monaten weiter? Wie weit lehnen sich die Notenbanker aus dem Fenster heraus?
Die EZB wird die Geldpolitik weiter lockern
Die Investoren erwarten, dass der Leitzins in der Eurozone bis Ende 2025 auf 1,75 Prozent sinken wird. In der Eurozone hat sich die Teuerung ebenfalls abgeschwächt. Die verhaltene Konjunktur in Deutschland und Frankreich dürfte sie zusätzlich hemmen. Weitere Zinssenkungen der EZB erscheinen deshalb plausibel. Doch selbst bei einem Rückgang des EZB-Leitzinses auf 1,75 Prozent läge das Zinsniveau in der Währungsunion noch immer deutlich über jenem in der Schweiz.
Gratwanderung für die US-Notenbank
Noch wesentlich grösser dürfte der Aufschlag der Dollar-Zinsen gegenüber den Franken-Zinsen bleiben. In den USA hat die Notenbank (Fed) den Leitzins im Dezember zwar ebenfalls mehrfach gesenkt. Das Zielband liegt aber noch immer bei 4,25 bis 4,5 Prozent. Hinzu kommt, dass das Fed den Ausblick für die Zinsen und die Inflation immer vorsichtiger beurteilt.
In den USA ist die Wirtschaftslage nach wie vor gut. Gleichzeitig herrscht Unsicherheit bezüglich der künftigen Zoll-Politik. Donald Trump kündigte umfassende Schutzzölle an. Diese würden die Teuerung aber wieder anheizen. Am wahrscheinlichsten ist, dass Trump die Zölle nicht breitflächig, sondern selektiv erhöhen wird, um die Kaufkraft der Haushalte nicht zu sehr zu schmälern. Das könnte weitere Leitzinssenkungen ermöglichen.
Die US-Notenbank dürfte vorerst eine abwartende Haltung einnehmen. Für 2025 stellt sie nur zwei zusätzliche Leitzinssenkungen in Aussicht. Das deckt sich mit den Markterwartungen.