Geldanlagen

Obligationen: Das sollten Sie wissen

Obligationen sind für ein ausgewogenes Portfolio unentbehrlich. Durch die gestiegenen Zinsen gewinnt diese Anlageklasse auch wieder an Attraktivität. Doch was muss man bei einer Investition in Obligationen beachten?

Nino Zebiri
Anlageexperte
Publiziert am
25. April 2024

Was ist eine Obligation?

Mit einer Obligation, auch Anleihe oder Bond genannt, leihen sich beispielsweise Staaten, Kantone oder Unternehmen Geld am Kapitalmarkt für eine festgelegte Zeit und zu einem festgelegten Zinssatz, dem Coupon. Damit ist klar, dass Obligationen aus zwei Zahlungsströmen bestehen: der Rückzahlung am Ende der Laufzeit sowie den periodisch wiederkehrenden Couponzahlungen während der Laufzeit.
 

Bei einer Obligation handelt es sich um eine Schuldverschreibung und nicht, wie im Fall von Aktien, um eine Beteiligung. Deswegen haben Obligationäre im Gegensatz zu Aktienanlegern an Generalversammlungen kein Stimmrecht.

Warum gehören Obligationen in ein Portfolio?

Obligationen werden oft aus Gründen der Diversifikation als fester Bestandteil einer Anlagestrategie empfohlen, um Risiken durch Aktien auszugleichen. In den letzten gut 20 Jahren trugen Obligationen fast immer dazu bei, das Portfolio zu stabilisieren, wenn die Aktienkurse um 15 Prozent oder mehr einbrachen (siehe Grafik). Einzig in der Krise, die 2021 durch die steigende Inflation und den Ukraine-Krieg ausgelöst wurde, war das nicht der Fall.

Die Notenbanken haben ihre Leitzinsen erhöht, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Das hat dazu geführt, dass die Kurse von Obligationen stark gesunken sind. Dafür werfen Anleihen erstmals seit vielen Jahren wieder attraktive Renditen ab. Gleichzeitig ist das Kurspotenzial heute wesentlich ausgewogener als in den letzten Jahren, da die Zeit der Zinserhöhungen vorüber sein dürfte, sofern sich nichts Aussergewöhnliches ereignet. Damit sind Anleihen wieder eine gute Ergänzung zu Aktien.
 

Informieren Sie sich jede Woche über die neuesten Entwicklungen an den Finanzmärkten:

Wie gross ist das Zinsänderungsrisiko?

Veränderungen des aktuellen Marktzinssatzes wirken sich auf den Preis bzw. Börsenkurs bereits ausgegebener Obligationen aus. Anlegerinnen und Anleger, die einem Unternehmen oder dem Staat Kapital zur Verfügung stellen, werden über die gesamte Laufzeit mit einem festen Zins entschädigt. Steigen die Zinsen in dieser Zeit an, führt das bei bestehenden Obligationen zu Kursverlusten, weil neu herausgegebene Obligationen höher verzinst werden. Wenn die Zinsen sinken, passiert das Gegenteil: Die Kurse steigen. 

Merkblatt
Merkblatt

Depot-Check: So vermeiden Anleger unnötige Risiken

Das Merkblatt deckt die typischen Schwächen von Portfolios auf und beschreibt die häufigsten Anlegerfehler.

Dieses Kursänderungsrisiko wird mit der Kennzahl Duration gemessen. Die Duration drückt aus, wie stark sich der Preis einer Obligation verändert, wenn der Marktzins um einen Prozentpunkt steigt oder fällt. Obligationen mit längeren Laufzeiten sind von Veränderungen der Zinsen stärker betroffen, weil es länger dauert, bis das Kapital zurückbezahlt wird. Unternehmensanleihen laufen tendenziell weniger lang als Staatsanleihen und tragen daher ein kleineres Zinsänderungsrisiko.

Wichtig zu wissen ist: Bei Obligationen wird am Fälligkeitsdatum der Nominalwert zurückbezahlt – ausser im Falle eines Konkurses. Wenn also der Kurs einer Obligation während der Laufzeit Schwankungen aufweist, spielt das für den Anleger keine Rolle, sofern er diese bis zum Fälligkeitsdatum hält.

Warum ist das Bonitätsrating wichtig?

Bei Obligationen steht die Werterhaltung im Vordergrund. Darum sollten Obligationen mit guter Bonität (Kreditwürdigkeit) hoch gewichtet werden. Relevant für die Beurteilung der Bonität sind die Einstufungen renommierter Ratingagenturen wie Standard & Poor’s, Fitch oder Moody’s. Obligationen mit einem Rating von mindestens BBB werden als investierbar bezeichnet (Investment Grade). Das Segment der Obligationen mit Investment Grade umfasst häufig Anleihen der öffentlichen Hand ebenso wie Anleihen von solide finanzierten Unternehmen.

Das Bonitätsrating des Schuldners hat unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe des Coupons und damit auf den regelmässigen Ertrag, den der Obligationenanleger erhält. Für ein schlechtes Rating verlangen Investoren einen höheren Zins, weil sie ein höheres Risiko bei der Überlassung des Geldes eingehen, als wenn sie einem Schuldner mit einem guten Rating ihr Geld ausleihen. Die Schweiz gehört zu den wenigen Ländern der Welt, die von allen drei grossen Ratingagenturen – Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch – jeweils mit der Bestnote bewertet wird. Deswegen zählen die Staatsanleihen der Schweiz, in der Branche "Eidgenossen" genannt, zu jenen mit den tiefsten Coupons.

Das Bonitätsrating ist auch ein wichtiger Einflussfaktor für den Kurs einer Obligation. Verschlechtert sich die Bilanz eines Unternehmens aufgrund eines unprofitablen Geschäftsverlaufs oder als Folge einer höheren Verschuldung, die aus einer Übernahme resultiert, dann kann es passieren, dass die Ratingagenturen dem Unternehmen eine schlechtere Bonitätsnote vergeben. Dies wirkt sich in der Regel negativ auf den Kurs der Unternehmensanleihen aus, der in Prozenten des Nominalwerts angegeben wird: er sinkt, beispielsweise von 110 auf 95 Prozent. Der Coupon und der Rückzahlungsbetrag bleiben jedoch unverändert.

Unternehmen, deren Bonität tief eingeschätzt wird, finanzieren sich oft mit Hochzinsanleihen. Solche sogenannten High Yield Bonds sind aus Renditesicht interessant, dafür aber mit einem deutlich höheren Ausfallrisiko verbunden. Für risikofreudigere Anlegerinnen und Anleger ist die Beimischung von Hochzinsanleihen sinnvoll, ihr Anteil im Portfolio sollte aber deutlich kleiner sein als der von Obligationen mit Investment Grade.

Wie investiert man am besten in Obligationen?

Man kann zum Beispiel direkt einzelne Obligationen kaufen und erhält während einer bestimmten Laufzeit regelmässige Zinsausschüttungen und am Ende das Kapital zurückbezahlt. Direktanlagen haben zum einen den Nachteil, dass man sich um die laufende Überwachung der Obligationen sowie die Wiederanlage von Zins- und Rückzahlungen selber kümmern muss. Zum anderen besteht ein Klumpenrisiko, wenn man nur auf einen oder auf wenige Schuldner setzt. Wird einer dieser Schuldner zahlungsunfähig, hat das einen grossen Einfluss auf die Wertentwicklung des gesamten Portfolios. 

Merkblatt
Merkblatt

Die Auswahl des richtigen ETF

Dieses Merkblatt zeigt auf, worauf Sie bei der Auswahl achten sollten.

Obligationen-ETF oder Obligationenfonds haben keine begrenzte Laufzeit, und die Reinvestition von zurückbezahlten Obligationen und von laufenden Zinszahlungen wird durch das Fondsmanagement sichergestellt. Ein gewichtiger Vorteil von ETF und Fonds ist die breite Risikostreuung, denn ihr Portfolio besteht nicht selten aus bis zu 100 einzelnen Obligationen. Ein Totalausfall einer einzelnen Obligation schmälert das Fondsvermögen daher nur gering. 

Fonds bewirtschaften ihr Portfolio aktiv mit dem Ziel, die Rendite des Markts zu übertreffen. Das gelingt aber nur einer Minderheit, weil das aktive Management hohe Kosten verursacht. Am besten lassen sich Anlagen mit Obligationen mittels ETF umsetzen. ETF bilden einen Börsenindex ab und sind deshalb deutlich günstiger aktive Fonds. Die jährlichen Verwaltungsgebühren von Obligationen-ETF liegen oft unter 0,3 Prozent des Anlagebetrages, während diese bei Obligationen-Fonds vielfach bis zu 1 Prozent betragen.

Aktuell sind an der Schweizer Börse SIX über 400 Obligationen-ETF auf unterschiedliche Segmente und Laufzeiten erhältlich. Sie sind wie Aktien während der Börsenöffnungszeiten handelbar. Ein weiterer Vorteil: In Obligationen-ETF kann oft schon ab 50 CHF investiert werden, in einigen Fällen ist sogar noch weniger Einsatz erforderlich. Dagegen beginnt die Stückelung von Obligationen meist erst ab 1’000 CHF und aufwärts.

Was gilt es bei Fremdwährungsobligationen zu beachten?

Fremdwährungsobligationen werfen meist einen höheren Zins ab als Franken-Obligationen. Eine Diversifikation der Währungen lohnt sich aber oft nicht. Langfristige Beobachtungen bestätigen nämlich, dass das Währungsrisiko höher ist als die zusätzlichen Renditechancen. Währungsverluste machen in der Regel den Zinsvorteil zunichte, weil der Schweizer Franken zu den stärksten Währungen der Welt gehört. Im schlimmsten Fall wird die Anlage sogar zum Verlustgeschäft. Schweizer Anleger sollten darum vor allem auf Obligationen in Schweizer Franken setzen oder auf Obligationen-ETF, bei denen das Währungsrisiko vollständig abgesichert wird. 

Achtung: Wenn die Währung eines ETF in Schweizer Franken angegeben wird, bedeutet das noch keine Währungsabsicherung. Anleger sollten unbedingt darauf achten, dass der ETF den Hinweis «CHF hedged» aufweist.

Wie kann man Steuern sparen auf Obligationen?

Die Besitzer einer Obligation erhalten jedes Jahr einen festen Zins ausbezahlt, den sie als Einkommen versteuern müssen. Am Ende der Laufzeit wird die Obligation zum Nennwert zurückgezahlt. Während der Laufzeit beeinflussen Angebot und Nachfrage den Kurs der Obligation. Sinkt das allgemeine Zinsniveau, steigt der Kurs von bestehenden Obligationen, weil sie gegenüber neu ausgegebenen Anleihen mit niedrigerem Zinscoupon für Anleger attraktiver sind. Anleger können also unter Umständen einen steuerfreien Kursgewinn erzielen, wenn sie die Obligation während der Laufzeit verkaufen.

Den gesamten Jahreszins muss der Anleger versteuern, der die Obligation bei der Zinsfälligkeit besitzt. Wird die Obligation kurz vor dem Zinstermin verkauft, bleibt der aufgelaufene Marchzins, der sich im Kurs widerspiegelt, steuerfrei. Umgekehrt ist es aus steuerlichen Gründen nicht ratsam, Obligationen kurz vor der Fälligkeit eines Zinscoupons zu kaufen.