Geldanlagen

Weitere Zinssenkungen bahnen sich an

Ende März läutete die Schweizerische Nationalbank (SNB) überraschend die Zinswende ein. Sie senkte damals den Leitzins von 1,75 auf 1,5 Prozent. Immer mehr zeigt sich nun, dass weitere wichtige Notenbanken der SNB folgen.

Christoph Sax
Chief Investment Officer
Publiziert am
15. Mai 2024

Letzten Mittwoch hat die Schwedische Zentralbank erstmals seit acht Jahren ihren Zins reduziert. Die Riksbank setzte den Zins um 0,25 Basispunkte nach unten auf 3,75 Prozent. Die Zinswende kam, obwohl in Schweden die Inflation weiter über dem Zielwert von 2 Prozent liegt. Die Notenbank setzt auf den verzögerten Effekt von Geldpolitik: Eine Zinssenkung entfaltet erst einige Monate später ihre volle Wirkung. Die Zinswende vorerst aufgeschoben hat die Bank of England. Die britische Zentralbank entschied letzte Woche, ihren Leitzins auf dem 16-Jahreshoch unverändert zu belassen. In ihrer Kommunikation deutet sie aber immer klarer an, den Zins schon bald senken zu wollen. Denn auch in Grossbritannien ging die Inflation in den letzten Monaten stetig zurück. Die Märkte preisen eine erste Zinssenkung Ende Juni ein.

Weltweit stehen die Zeichen auf Zinssenkungen. Ein interessantes Beispiel ist Brasilien. Das südamerikanische Land hat bereits die siebte Senkung hinter sich. Mitte 2023 lag der Leitzins noch bei 13,75 Prozent, heute beträgt er 10,5 Prozent. Bemerkenswert ist, dass die brasilianische Zentralbank nicht auf Zinssenkungen der US-Notenbank wartete. Denn die anhaltend hohen Dollar-Zinsen zwingen viele Schwellenländer, ihre Zinsen ebenfalls hochzuhalten. Wenn sie dies nicht tun, kann es zu einer abrupten Abschwächung der Währung kommen, weil Investoren vermehrt in Dollar umschichten. Importe können sich dadurch stark verteuern. Schwellenländer warten deshalb mit Zinssenkungen oft auf die US-Notenbank Fed. Offenbar steht Brasilien nun aber wirtschaftlich gut genug da, damit sich seine Zentralbank vom Fed abkoppelt und mehrere Zinssenkungen wagt.

Weitere Notenbanken haben ihre Zinsen ebenfalls schon gesenkt oder werden dies wohl bald tun. Bekanntlich bestätigen aber Ausnahmen die Regel. So haben die Notenbanken in Japan und Taiwan ihre Zinsen jüngst sogar erhöht (Grafik).

Beide Länder sind aber Spezialfälle. Japan kämpfte über ein Vierteljahrhundert lang mit einer stark expansiven Geld- und Wirtschaftspolitik gegen die Deflation, also das Gegenteil von Inflation. Die Zinserhöhung im März war denn auch erst der Ausstieg aus dieser Politik. In Taiwan begründete die Zentralbank ihre Zinserhöhung im März damit, dass man gegen die anhaltende Inflation vorgehen wolle und mit einem Anstieg der Strompreise rechne. Trotz dieser Ausreisser stehen die Zeichen weltweit aber klar auf Zinssenkungen. Die Mehrheit der Zentralbanken stellt Lockerungen in Aussicht. Das sind gute Nachrichten für die Aktien- und die Obligationenmärkte. Denn von sinkenden Zinsen profitieren tendenziell die Kurse dieser Wertschriften.

 

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Fehlt den Europäern der Fleiss?

Zu diesem Schluss kann kommen, wer sich die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden anschaut. Wie die "NZZ am Sonntag" berichtet, arbeiten Erwerbstätige in der Schweiz durchschnittlich 1524 Stunden im Jahr. In Deutschland sind es sogar nur 1340 Stunden – noch weniger als zum Beispiel in Frankreich. In den USA hingegen arbeitet man im Schnitt 1811 Stunden im Jahr. Die Europäer gönnen sich also deutlich mehr Ferien und Freizeit als die Amerikaner. Was sind die Gründe? Der Zeitungsartikel weist unter anderem darauf hin, dass Teilzeitarbeit auf dieser Seite des Atlantiks verbreiteter ist als in den USA. Dafür sind aber mehr Menschen im Arbeitsleben eingebunden als in den USA. Dort ist viel Arbeit auf vergleichsweise wenige Erwerbstätige verteilt. Zudem zeige die sinkende Arbeitszeit auch, dass der Wohlstand zunimmt. Der Schweizer Thomas Straubhaar, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Hamburg, hat eine klare Devise: "Wir sollten nicht länger arbeiten, sondern besser und effizienter." Allerdings weiss der Artikel auch dazu wenig Erfreuliches zu berichten: Denn die Produktivität in Europa steigt weniger schnell als in den innovativen USA. Die Schweiz hat aber nach wie vor einen Vorsprung gegenüber den USA. In der Schweiz ist das Bruttoinlandprodukt pro geleistete Arbeitsstunde weiterhin leicht höher als in den USA (siehe Grafik). Erwerbstätige in europäischen Ländern wie Deutschland sind aber schon heute weniger produktiv als jene in den USA.

Das Leben in Deutschland wird teurer

Im April lagen die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Schon im März hatte die Teuerung 2,2 Prozent betragen, wie Daten des Statistischen Bundesamts zeigen. Der seit Jahresbeginn zu verzeichnende Rückgang der Teuerung geriet ins Stocken. Beobachter erwarten, dass die Inflation in den nächsten Monaten wieder etwas zunehmen wird. Denn viele Firmen wollen ihre Preise erhöhen, etwa in der Gastronomie oder in Drogerien. Zudem dürften die Energiekosten steigen, auch, weil seit April wieder der reguläre Mehrwertsteuersatz für Erdgas und Fernwärme gilt. Während rund anderthalb Jahren war ein reduzierter Satz in Kraft. Die Politik wollte so die Haushalte entlasten, die mit stark steigenden Energiekosten zu kämpfen hatten.

US-Amerikanern vergeht die Lust am Shopping

Im Mai hat sich die Stimmung der US-Konsumenten deutlich verschlechtert. Das entsprechende Barometer der Universität Michigan sank um 9,8 Punkte auf 67,4 Zähler. Die Konsumenten sind pessimistischer geworden, was ihre aktuelle Situation als auch ihre Aussichten für die Zukunft angeht. Sie rechnen mit einer höheren Inflation, nämlich, dass sich Waren und Dienstleistungen in den nächsten zwölf Monaten um 3,5 Prozent verteuern werden. Die US-Notenbank hat seit März 2022 ihren Leitzins mehrmals angehoben und jüngst auf eine Zinssenkung verzichtet. Auch wenn sich die Teuerung seit dem Höhepunkt vor rund zwei Jahren deutlich abgeschwächt hat, leiden die Amerikaner weiter unter steigenden Lebenshaltungskosten.