Geldanlagen

Die EZB senkt die Zinsen erneut – wie geht es weiter?

Die Europäische Zentralbank hat vor wenigen Tagen erneut ihre Zinsen gesenkt. Weitere Zinsschritte dürften folgen. Deren Auswirkungen wird auch die Schweiz zu spüren bekommen.

Christoph Sax
Chief Investment Officer
Publiziert am
23. Oktober 2024

Vor wenigen Tagen hat die Europäische Zentralbank die Leitzinsen zum dritten Mal in diesem Jahr gesenkt. Dabei hat sie zuletzt ihre Kadenz erhöht. Neu beträgt der Einlagezinssatz 3,25 Prozent. Bis vor der Zinssitzung der EZB im Juni verharrte dieser Zinssatz auf einem Allzeithoch bei 4 Prozent. 

Und die Zeichen stehen gut, dass die Reise nach unten weitergeht. Die Markterwartungen gehen davon aus, dass der Einlagezinssatz in der zweiten Jahreshälfte 2025 bei etwa 1,75 Prozent den Boden erreichen wird. Dies entspräche also sechs kleinen Zinsschritten in den kommenden acht bis zwölf Monaten. 

Eine solche Kaskade an Zinssenkungen in der Eurozone hätte auch Folgen für die Schweiz. Angesichts der sinkenden Euro-Zinsen dürfte das Aufwärtspotenzial des Euro zum Franken stark limitiert sein. Ein schwächelnder Euro könnte die Schweizerische Nationalbank (SNB) unter Zugzwang bringen, die Zinsen ebenfalls weiter zu senken und allenfalls auch den Franken gezielt zu schwächen. Die nächste geldpolitische Beurteilung nimmt die SNB am 12. Dezember vor. Die SNB hat angedeutet, dass weitere Leitzinssenkungen nötig werden könnten. 

Etwas weniger transparent gab sich zunächst EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Im Anschluss an die jüngste Zinssenkung wollte sie sich nicht in die Karten blicken lassen. Sie liess einzig durchblicken, dass weitere Senkungen folgen würden, sofern es die konjunkturelle Datenlage zuliesse. Wenig später wurde Lagarde am Jahrestreffen des Internationalen Währungsfonds (IWF) etwas konkreter. Die Chancen stünden gut, sagte sie, dass die Zinsen schrittweise gesenkt würden. Denn der Zinspfad zeige klar nach unten.

Diese Aussage überrascht nicht: Die Teuerung ist in der Eurozone kräftig zurückgekommen und lag im September erstmals seit Mitte 2021 unter dem Notenbankziel von 2 Prozent. Gleichzeitig präsentiert sich die wirtschaftliche Lage nach wie vor verhalten. Das reflektiert sich in Teilen auch in der aktuellen ZEW-Umfrage zur Konjunktur in der Eurozone (siehe Grafik). So wird die aktuelle Lage als nahezu unverändert eingeschätzt. Vor allem in Deutschland fällt das Urteil zur aktuellen Lage ernüchternd aus.

Für die übrigen Mitgliedsstaaten sind die befragten Finanzmarktexperten positiver gestimmt. Gleichzeitig blicken sie wieder zuversichtlicher in die Zukunft. Der Index zu den Konjunkturerwartungen hat sich im September von 9,3 auf 20,1 Zähler erhöht. Die erwarteten weiteren Leitzinssenkungen der EZB dürften dazu beitragen, dass sich das Bild bei beiden Komponenten der ZEW-Umfrage mittelfristig verbessert.

 

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