Geldanlagen

"Die SNB legt passiv in Aktien an"

Marktneutral anlegen und weltweit in die Aktien von rund 6900 Firmen investieren: Wie und warum, das erklärt Sandro Streit, Leiter Asset Management der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

Herr Streit, Sie sind für die Umsetzung der Anlagestrategie der SNB verantwortlich. Um welche Beträge handelt es sich, und welche Ziele verfolgt die SNB mit ihren Anlagen?

Es sind vor allem die Devisenreserven von knapp 1000 Milliarden Franken. Die Anlagepolitik der SNB hat zwei Hauptziele: Geldpolitisch müssen wir jederzeit in der Lage sein, die Bilanz zu verkürzen oder zu verlängern. Gleichzeitig wollen wir den langfristigen Werterhalt sicherstellen. Darum müssen die Devisenreserven sehr liquid und breit diversifiziert sein.

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Wie legt man eine so gewaltige Summe am besten an?

Aus den Hauptzielen leitet sich ab, wie wir Anlageklassen und -kategorien gewichten. Die nötige Liquidität erreichen wir durch den hohen Bestand an Staatsanleihen – Aktien sind für den realen Werterhalt wichtig. Darum sind gut drei Viertel der Devisenreserven in Staats- und Firmenanleihen angelegt, den Rest machen Aktien aus. Bei den Aktien agieren wir als unabhängige Zentralbank marktneutral.

Wie bleibt die SNB marktneutral?

Indem wir ausschliesslich passiv in Aktien anlegen und breite Indizes eins zu eins nachbilden. Insgesamt sind das Aktien von rund 6900 Unternehmen in Industrie- und Schwellenländern, die wir nach ihrer Marktkapitalisierung gewichten.

Sie nutzen dafür also Indexfonds wie ETF?

Nein, wir kaufen alle Aktien direkt und richten uns nach ihrer Gewichtung im Index. Wenn also Apple im US-Aktienindex mit 7,5 Prozent und Siemens im europäischen Index mit 2,5 Prozent gewichtet ist, besitzen wir genau so viel im jeweiligen Portfolio.

Was bringt dieses Vorgehen?

Wir bevorteilen oder benachteiligen dadurch keine Sektoren oder einzelne Firmen. Damit widerspiegeln sich strukturelle Veränderungen der Wirtschaft automatisch im Portfolio. Zudem sind für uns Direktinvestitionen viel günstiger als Anlageprodukte. Bei unseren Investitionsvolumen können schon 0,1 Prozent weniger Kosten Einsparungen in Millionenhöhe ausmachen. Indexfonds wie ETF setzen wir dagegen gezielt in unserer Pensionskasse ein, wo wir ein sehr viel kleineres Portfolio bewirtschaften. Dort machen wir uns in den grossen Aktienmärkten die Vorteile dieser Anlageprodukte zunutze: tiefere Gebühren, breite Diversifikation und transparente Marktrendite.

Wie stellt die SNB sicher, dass ihre Anlagen punkto sozialer, ökologischer und unternehmerischer Verantwortung überzeugen?

Wir definieren Ausschlusskriterien, um nicht in Firmen zu investieren, deren Produkte oder Produktionsprozesse klar gegen gesellschaftlich breit anerkannte Schweizer Werte verstossen. So verzichten wir seit Jahren auf Anlagen in Firmen, die international geächtete Waffen produzieren, grundlegende Menschenrechte massiv verletzen oder systematisch gravierende Umweltschäden verursachen. Nicht zuletzt üben wir bei europäischen Aktien unsere Stimmrechte aus.

Zur Person

Sandro Streit wurde 1972 in Bülach geboren. Er hat Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen (HSG) studiert. Seit 1998 ist er bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) tätig, wo er seit 2007 für das Asset Management verantwortlich ist und auch die Anlagekommission der Pensionskasse der SNB leitet.