Negativzinsen – wann kommen sie?
Wird die Schweizerische Nationalbank (SNB) schon bald wieder Negativzinsen einführen müssen? Für VZ-Anlagechef Christoph Sax sind Negativzinsen noch keine beschlossene Sache.

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Im März senkte die SNB den Leitzins von 0,5 auf 0,25 Prozent. Sie begründete diesen Schritt als Massnahme, um ein dauerhaftes Absinken der Inflation unter Null zu vermeiden.
Die Inflation ist zurzeit sehr niedrig. Sie verringerte sich im März von 0,4 auf 0,3 Prozent. Die neusten US-Zölle dürften den Inflationsdruck zusätzlich hemmen – zum einen, weil der Franken zum Dollar erstarkt ist, zum anderen, weil auf dem Weltmarkt ein Überangebot an Handelsware entstehen könnte.
Eine weitere Leitzinssenkung könnte deshalb bereits an der nächsten geldpolitischen Lagebeurteilung im Juni kommen – vielleicht sogar in den negativen Bereich. Selbst die SNB hat zuletzt wiederholt betont, dass Negativzinsen nicht ausgeschlossen werden können. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass die SNB den Leitzins tatsächlich wieder unter null Prozent fallen lässt?
Negativzinsen sind nicht ausgeschlossen
Nach den jüngsten geopolitischen Ereignissen zeichnet sich zwar ab, dass die neuste Inflationsprognose der SNB tiefer ausfallen wird als die letzte vom März. Die Inflationsprognose stellt jeweils die Basis des Leitzins-Entscheids dar. Eine grosse Senkung des SNB-Leitzinses in den negativen Bereich ist aber trotzdem noch nicht ausgemacht.
Wenn sich die Währungssituation weiter stabilisiert, könnte die SNB zuwarten. Der Dollar stand im März und April stark unter Druck. Zuletzt stabilisierte er sich jedoch, nachdem sich im Handelskonflikt eine Entspannung abzeichnete. Beim Euro wiederum bleibt das Abwärtspotenzial zum Franken limitiert. Die Gemeinschaftswährung tendiert seit Jahresbeginn seitwärts – unter anderem, weil die geplanten Infrastruktur-Investitionen die Konjunktur stützen. In der Folge dürften auch die Inflation und die Zinsen in der Eurozone höher bleiben als in der Schweiz. Als Anlagewährung ist der Euro zurzeit deshalb attraktiver als der Franken.
Vor zehn Jahren, als die SNB erstmals Negativzinsen einführte, war die Situation eine andere. Im Nachgang zur Euro-Krise verfolgten die EU-Staaten eine Sparpolitik, welche die Wirtschaft bremste und die Inflation stark hemmte. Damals schritt die Europäische Zentralbank (EZB) voran und führte negative Zinsen ein.
Das veranlasste die SNB, ebenfalls zu diesem Mittel zu greifen, um eine weitere Aufwertung des Frankens zu verhindern. Doch selbst danach war die Zinsdifferenz zwischen dem Euroraum und der Schweiz äusserst gering. Heute dagegen ist der Zinsaufschlag des Euro zum Franken wesentlich höher. Er beträgt rund 2 Prozentpunkte.
Für die SNB kommt erschwerend hinzu, dass sie ihr Dispositiv zur Durchsetzung des Leitzinses am Geldmarkt umstellen muss, wenn sie den Leitzins in den negativen Bereich senken will. Sie wird das nur tun, wenn sie längerfristig mit negativen Zinsen rechnet. Und das wiederum wird voraussichtlich nur der Fall sein, wenn US-Präsident Trump die Position der USA und des Dollars weiter schwächt. Langfristig kann das aber nicht in seinem Interesse sein: Bereits im kommenden Jahr stehen in den USA Zwischenwahlen an.