Geldanlagen

Negativzinsen werden unwahrscheinlicher

Noch vor wenigen Wochen hatte SNB-Präsident Martin Schlegel die erneute Einführung von Negativzinsen nicht mehr ausgeschlossen. Doch die jüngsten geopolitischen Entwicklungen führen dazu, dass ein solches Szenario weniger wahrscheinlich ist.

Christoph Sax
Chief Investment Officer
Publiziert am
12. März 2025

Seit die USA klar gemacht haben, dass Europa sich nicht mehr bedingungslos auf ihre transatlantische Partnerschaft verlassen kann, steht in Europa ein Paradigmenwechsel an. Es herrscht Konsens, dass die Verteidigungsausgaben erhöht werden müssen. In Deutschland hat der designierte Kanzler Friedrich Merz ein klares Zeichen gesetzt: Die Union scheut vor Mehrausgaben nicht zurück. Auch die Infrastruktur soll erneuert werden.

Dafür sollen zusätzlich 500 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Die Fiskalpolitik wird damit expansiver. Die geplanten Mehrausgaben haben zu einem kräftigen Anstieg der langfristigen Zinsen geführt: Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen ist um 0,4 Prozentpunkte in die Höhe geschossen (vgl. Grafik).

Auch in der Schweiz haben die langfristigen Zinsen angezogen – wenn auch wesentlich weniger stark. Dahinter verbirgt sich die Erwartung, dass der Inflationsdruck in Europa etwas weniger nachlassen wird als bislang gedacht. Vor allem in der Industrie dürfte sich die Konjunktur etwas beleben. Aus Anlegersicht ist das eine positive Nachricht: Mit diesen Aussichten bleiben die Zinsen im Euro-Raum erhöht. Euro-Obligationen werfen also weiterhin attraktive Renditen ab.

Hierzulande verringert das die Wahrscheinlichkeit, dass bald wieder Negativzinsen eingeführt werden müssen. Denn der Zinsaufschlag des Euro zum Franken bleibt hoch. Gleichzeitig dürfte die Konjunktur der Eurozone einen Impuls erhalten. Das stützt den Euro zum Franken. Damit lassen auch die deflationären Tendenzen in der Schweiz nach.

Für die SNB hat sich der Handlungsbedarf damit verringert. Sie wird am 20. März ihren nächsten Zinsentscheid fällen. An den Finanzmärkten gehen die meisten Investoren davon aus, dass sie den Leitzins von 0,5 auf 0,25 Prozent senken wird. Danach dürfte das Ende der Fahnenstange erreicht sein – zumindest auf absehbare Zeit.

Das Umfeld kann sich aber sehr schnell wieder ändern. Zum einen lastet die Handelspolitik der USA auf dem Ausblick. Zum anderen ist noch unklar, ob die Staatsausgaben in der EU wirklich so stark erhöht werden, wie zunächst angekündigt. In Deutschland bleibt fraglich, ob die geplanten Infrastrukturausgaben tatsächlich durch eine erhöhte Verschuldung finanziert werden. Und in der EU wird sich noch weisen müssen, ob die Mitgliedstaaten den Vorgaben der EU-Kommission Folge leisten werden.

 

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Wegen der geplanten Rüstungs- und Infrastrukturprogramme haben sich die Erwartungen der Marktteilnehmer stark aufgehellt. Das entsprechende Barometer der Sentix-Umfrage stieg im März um 17 Punkte auf plus 18 Zähler. Damit liegt der Index auf dem höchsten Wert seit Juli 2021.

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Mark Carney, der ehemalige Chef der Bank of England und Bank of Canada, tritt die Nachfolge von Justin Trudeau als Premierminister von Kanada an. Er übernimmt das Amt in einer turbulenten Zeit, die von einem Handelskrieg mit dem langjährigen Verbündeten und Nachbarstaat USA geprägt ist. US-Präsident Donald Trump hatte jüngst wiederholt Anspruch auf Kanada erhoben.

EZB mit weiterer Zinssenkung

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im März wie erwartet zum zweiten Mal in diesem Jahr den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Der Einlagenzinssatz beträgt nun 2,5 Prozent. Es war zugleich die sechste Zinssenkung in Folge, seit die EZB im Juni letzten Jahres die Zinswende vollzogen hat.