US-Notenbank vollzieht einen Kurswechsel
Sorgen um die Konjunktur in den USA führten Anfang August zu starken Kursverlusten bei Aktien. Die Börsen haben sich aber rasch erholt, weil die US-Notenbank die Zinswende einläutet. Gleichzeitig hält sich die US-Wirtschaft besser als zunächst befürchtet.
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Zwei Jahre ist es her, seit Fed-Chef Jerome Powell die Finanzwelt anlässlich seiner jährlichen Rede am Zentralbanken-Symposium in Jackson Hole auf eine Reihe von zusätzlichen Leitzinserhöhungen einstellte, um dem pandemiebedingten Inflationsschub Herr zu werden. Das Leitzins-Zielband der US-Notenbank stieg in der Folge auf 5,25 bis 5,5 Prozent. Auf diesem Niveau verharren die kurzfristigen Dollar-Zinsen seit Mitte 2023. Das Fed hielt die Zügel weiter straff, obwohl die Inflation in der Zwischenzeit stark nachgelassen hat.
Nun ist der Wendepunkt aber erreicht. Am 23. August erklärte Powell an der diesjährigen Jackson Hole-Tagung überraschend deutlich, dass die Inflationsrisiken unter Kontrolle seien und das Fed Leitzinssenkungen ins Auge fassen könne. Die Zinspolitik werde künftig mehr auf den Arbeitsmarkt ausgerichtet, der zuletzt Schwächezeichen zeigte. Es ist damit so gut wie sicher, dass die US-Notenbank den Leitzins beim nächsten Zinsentscheid vom 18. September senken wird – voraussichtlich um 0,25 Prozentpunkte.
Wie schnell es danach weiter nach unten geht, hängt gemäss Powell von der Datenlage im Herbst ab. Die Kernteuerung der persönlichen Konsumausgaben notierte zuletzt bei 2,6 Prozent. Sie liegt damit zwar noch etwas über dem Ziel der Notenbank. Die Indikatoren zeigen aber immer deutlicher, dass der Teuerungsdruck weiter nachlässt. Es ist damit absehbar, dass im November und Dezember weitere Zinsschritte folgen werden.
Märkte erwarten schnellere Leitzinssenkungen
Die Finanzmärkte hatten den Kurswechsel des Fed im Vorfeld von Powells Rede zunehmend vorweggenommen: Im August setzte sich die Erwartung durch, dass das Fed die Zinsen relativ zügig senken wird. Inzwischen wird an den Zinsmärkten ein Rückgang des US-Leitzinses bis Ende Jahr von mindestens 0,75 Prozentpunkten gehandelt. Zum Vergleich: Noch im Juli gingen die meisten Marktteilnehmer nur von 0,25 bis 0,5 Prozentpunkten aus. Im kommenden Jahr wird nun ein weiterer Rückgang des US-Leitzinses um 1,25 Prozentpunkte erwartet.
Fallende Dollar-Zinsen sind ein gutes Zeichen für die Weltwirtschaft: Finanzierungen in der globalen Leitwährung werden günstiger. Das dürfte der Industrie und der Bauwirtschaft Impulse verleihen und stabilisierend auf das internationale Finanzsystem wirken. Anlagen wie Aktien, Obligationen und Immobilien dürften gleichermassen profitieren.
Intaktes Soft-Landing-Szenario
Zu Monatsbeginn kam an den Finanzmärkten zunächst allerdings die Befürchtung auf, die US-Wirtschaft könnte wesentlich schneller an Fahrt verlieren als von der US-Notenbank angestrebt. Die Aktienkurse gerieten zwischenzeitlich unter Druck, sichere Häfen waren gesucht. Die neusten Arbeitsmarktdaten und Einzelhandelsstatistiken zeigten jedoch, dass sich die Konjunktur in den USA weniger stark eintrübt als befürchtet. Gleichzeitig haben die jüngsten Unternehmensumfragen und Inflationsdaten bestätigt, dass die Teuerung weiter auf dem Rückzug ist.
Die Aktienmärkte haben sich in der zweiten August-Hälfte deshalb stark erholt. Allerdings büsste der Dollar rund 3 Prozent an Wert ein, so dass für den S&P 500 Index und für den MSCI World gemessen in Franken dennoch eine leicht negative Monatsperformance resultierte. Der SMI konnte dagegen 1 Prozent zulegen.
Positiv hervorzuheben waren im August die Obligationen: Sie profitierten von einem ausgeprägten Rückgang der Inflationserwartungen. Die Leitzinsen der grossen Notenbanken blieben im August unverändert. Das dürfte sich im September ändern.