Geldanlagen

US-Zinssenkung: Was sich daraus ablesen lässt

Die US-Notenbank hat die Zinsen stärker gesenkt als ursprünglich erwartet. Doch was heisst das für die Wirtschaft und die Börsen? Eine Analyse von VZ-Anlagechef Christoph Sax. 

Christoph Sax
Chief Investment Officer
Publiziert am
25. September 2024

Die US-Notenbank Fed hat letzte Woche die lang erwartete Zinssenkung vollzogen – allerdings nicht um die üblichen 0,25 Prozentpunkte, sondern mit einem doppelt so grossen Schritt. Direkt nach dem Entscheid kam an den Finanzmärkten zunächst eine gewisse Unsicherheit auf, ob dieser Zinsschritt als Eingeständnis anzusehen ist, dass das Fed zu spät an der Geldpolitik geschraubt hatte und sich die Konjunktur schneller als gedacht eintrübt. Entsprechend fielen die Reaktionen aus: Der Dollar tauchte kurz, ebenfalls die Rendite von zehnjährigen Staatsanleihen sowie die Aktienkurse.

Nach den ersten Kommentaren von Fed-Chef Jerome Powell setzte sich aber die Überzeugung durch, dass das Fed nicht zu spät, sondern gar proaktiv gehandelt hatte – und dass sich die US-Wirtschaft nach wie vor in guter Verfassung zeigt. Entsprechend zogen die Kurse an den Finanzmärkten, die kurz zuvor gesunken waren, wieder an. Auch Bitcoin legte zu. Das ist insofern ein Gradmesser, weil Bitcoin immer dann gefragt ist, wenn der Risikoappetit der Anleger zunimmt. 

Das Fed signalisierte auch, dass die Inflation zunehmend unter Kontrolle ist. So sind die Inflationserwartungen in den vergangenen Monaten deutlich gesunken – und zwar sowohl jene der Akteure am Finanzmarkt wie auch die Erwartungen der Fed-Mitglieder. Beide Gruppen gehen davon aus, dass die Inflation stärker zurückkommt als noch vor drei Monaten erwartet wurde. 

Dies spiegelt sich auch in niedrigeren Leitzinserwartungen. Die Akteure an den Zins-Terminmärkten gehen davon aus, dass der Leitzins bis Ende 2026 deutlich zurückkommt und sich dann auf einem Niveau von rund 3 Prozent einpendelt (vgl. Grafik). Ähnlich zuversichtlich sind auch die Mitglieder des Fed-Offenmarktausschusses. Sie sehen den Leitzins Ende Jahr bei 4,625 Prozent. Sie gehen also bis Dezember von zwei weiteren Zinsschritten von je 0,25 Prozentpunkten aus. Auch der Offenmarktausschuss erwartet, dass sich der Leitzins längerfristig bei 3 Prozent einpendelt. 

Das ist insofern bemerkenswert, weil dieser Wert in etwa, jenem Zinsniveau entspricht, bei welchem die Geldpolitik weder restriktiv noch expansiv wirkt. Das heisst also, dass die Zinsen voraussichtlich nicht mal bis in den expansiven Bereich gesenkt werden müssen. Sowohl der Markt als auch das Fed unterstellen bei diesen Prognosen die beste aller Welten: Die Inflation wird eingedämmt, aber die Wirtschaft kühlt sich nur so stark ab, dass die Geldpolitik nicht stützend wirken muss.
 

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