Nachlass

Mehr Freiheiten im Erbrecht – ist Ihr Testament noch aktuell?

Wenn man sein Testament schreibt, hat man in der Regel die aktuelle Situation vor Augen. Am 1. Januar 2023 ist aber das revidierte Erbrecht in Kraft getreten. Darum lohnt es sich zu prüfen, ob das Testament immer noch stimmig ist.

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Karin Brunner
Nachlassexpertin

Eine der wichtigsten Änderungen des Schweizer Erbrechts betrifft die Pflichtteile. Das sind die Anteile, auf die Kinder, Ehepartner und Eltern mindestens Anspruch haben. Der Pflichtteil der Kinder wurde von 3/8 auf 1/4 reduziert und jener der Eltern ganz aufgehoben. Gleichzeitig ist die freie Quote von 3/8 auf 1/2 gestiegen. Erblasser haben dadurch mehr Freiheiten, wie sie ihr Vermögen weitergeben wollen: Seinem Ehepartner kann man nun 3/4 des Vermögens vererben (Grafik).

Unter Umständen ist das aber immer noch zu wenig, damit der überlebende Partner den bisherigen Lebensstandard beibehalten kann. Ehepaare sollten darum nach wie vor prüfen, wie sie sich bestmöglich begünstigen. Dafür bieten das Ehe- und das Erbrecht mehrere Möglichkeiten.

Ehepartner können sich etwa gegenseitig die Nutzniessung am gesetzlichen Erbanteil der gemeinsamen Kinder einräumen. Damit verhindern sie zum Beispiel, dass der überlebende Partner das Eigenheim verkaufen muss, um den Kindern ihren Erbanteil auszuzahlen. Konkret weisen sie das Eigenheim ganz oder teilweise ihren Kindern zum Eigentum zu und sichern sich das Recht, bis an ihr Lebensende darin zu wohnen.

Merkblatt
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Erbrechtsrevision: Das sollten Sie wissen

Das Merkblatt zeigt auf, warum es ratsam ist, bestehende Testamente und Erbverträge jetzt zu überprüfen.

Weil sich mit der Reform des Erbrechts der Pflichtteil der Kinder verringert hat, können sich Ehepaare jetzt gegenseitig 1/2 des Nachlasses zu Eigentum und 1/2 zur lebenslangen Nutzniessung zusprechen. Unter dem alten Erbrecht erhielt der überlebende Partner nur 1/4 zu Eigentum, wenn man sich für die Nutzniessung entschied.

Tipp: Je nach Ehevermögen, Einkommen und Familienkonstellation sind weitere oder andere Massnahmen nötig, um den überlebenden Partner bestmöglich abzusichern. Besprechen Sie darum Ihre Situation am besten mit einer erfahrenen Fachperson.

Mit der Erbrechtsrevision haben auch Konkubinatspaare, Patchworkfamilien sowie Unternehmerinnen und Unternehmer mehr Freiheiten, wem sie ihr Vermögen zukommen lassen möchten:

  • Weil der Pflichtteil der Kinder nun kleiner ist und jener der Eltern wegfällt, lassen sich der Konkubinatspartner oder die Stiefkinder künftig stärker begünstigen als bis anhin. Mit einem Testament kann man heute maximal die Hälfte dem Lebenspartner und/oder den Stiefkindern zuwenden. Wer keine eigenen Kinder hat, darf sein ganzes Vermögen frei vererben.
  • Die tieferen Pflichtteile erleichtern auch die familien-interne Unternehmensnachfolge. So können Unternehmerinnen und Unternehmer, sofern sie das wünschen, jene Nachkommen stärker begünstigen, die den Betrieb übernehmen.

Tipp: Testamente und Erbverträge bleiben auch unter dem revidierten Erbrecht gültig. Es lohnt sich aber, sie zu überdenken und bei Bedarf zu ändern. Gewisse Formulierungen können Fragen aufwerfen und dazu führen, dass das Erbe nicht so verteilt wird, wie man es geplant hatte.

Sie möchten alles richtig machen? Bestellen Sie das kostenlose Merkblatt zur Erbrechtsrevision. Oder sprechen Sie mit einer Expertin oder einem Experten im VZ in Ihrer Nähe.