Gleichgeschlechtliche Ehe in der Schweiz: Das ändert sich mit der Heirat
Der Zivilstand hat grosse Auswirkungen auf die finanzielle Situation in der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, bei einer Trennung, im Alter oder bei einem Todesfall. Wer heiraten oder seine eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln will, sollte die Folgen kennen.
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Die Ehe ist eine starke rechtliche Bindung. In der Ehe können sich gleichgeschlechtliche Paare besser gegenseitig absichern, als es mit der eingetragenen Partnerschaft oder im Konkubinat möglich ist. Paare, die den Bund der Ehe schliessen wollen, sollten diese wichtigen Punkte kennen:
Was passiert mit unserem Vermögen, wenn einer von uns beiden sterben sollte?
Gibt es kein Testament oder Erbvertrag, kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Der hinterbliebene Konkubinatspartner ist kein gesetzlicher Erbe und geht dabei leer aus. Bei Eheleuten ist das anders: Die Hälfte des Errungenschaftsvermögens, also das, was man während der Ehe verdienen und sparen konnte, gehört dem überlebenden Ehegatten.
Die andere Hälfte und das Eigengut des Verstorbenen fallen in den Nachlass. Davon steht dem überlebenden Ehepartner und den Nachkommen des Verstorbenen gemäss gesetzlicher Erbfolge je die Hälfte zu. Hinterlässt der Verstorbene keine Nachkommen, erhält der Ehepartner mindestens drei Viertel des Nachlassvermögens.
Eine Heirat allein reicht aber oft nicht aus, um den überlebenden Partner finanziell abzusichern. Wer keine Vorkehrungen für den Todesfall trifft, riskiert, dass der überlebende Ehemann respektive die überlebende Ehefrau schlimmstenfalls das Eigenheim verkaufen muss. Denn es könnte das Geld fehlen, um die anderen Erben auszuzahlen oder die Hypothek zu amortisieren. Viele Ehepaare wollen sich deshalb gegenseitig bestmöglich absichern. So kann man sich etwa gegenseitig die gesamte Errungenschaft zuweisen oder dem Partner, der Partnerin einen Teil vom Nachlass zur lebenslangen Nutzniessung geben.
Gütertrennung und Errungenschaftsbeteiligung: Was ist der Unterschied?
In der eingetragenen Partnerschaft gilt automatisch die sogenannte Gütertrennung. Bei der Gütertrennung vermischen sich die Vermögen der beiden Partner nicht. Endet die Partnerschaft, gibt es kein gemeinsames Vermögen, das geteilt wird.
Wer heiratet und nichts anderes vereinbart, untersteht hingegen automatisch der Errungenschaftsbeteiligung. Bei der Errungenschaftsbeteiligung gehört jeder Person selbst, was sie in die Ehe einbringt und während der Ehe erbt oder geschenkt bekommt.
Bei der Scheidung erhält sie dieses sogenannte Eigengut zurück. Die Errungenschaft (was man während der Ehe verdienen und sparen konnte) wird hingegen hälftig aufgeteilt. Das ist für Partnerinnen oder Partner von Vorteil, die nicht oder weniger verdienen, etwa, weil sie sich um ein Kind kümmern.
Die "Finanztipps für LGBT" informieren gleichgeschlechtliche Partner zu finanziellen Themen:
Wir haben von einer "Heiratsstrafe" bei der AHV gehört. Was ist damit gemeint?
Verheiratete Paare bekommen nach der Pensionierung häufig weniger AHV-Rente als Paare ohne Trauschein. Denn ihre AHV-Renten sind plafoniert: Ein verheiratetes Paar erhält höchstens 150 Prozent der Maximalrente eines Alleinstehenden, die derzeit 2450 Franken pro Monat beträgt. Das Paar kriegt also nicht mehr als 3675 Franken im Monat. Unverheiratete Paare dagegen können bis zu 4900 Franken beziehen, wenn beide Lebenspartner die Voraussetzungen für eine AHV-Maximalrente erfüllen.
Und was ist mit den Steuern?
Paare die heiraten, müssen zukünftig eine gemeinsame Steuererklärung einreichen. Möglicherweise bezahlen sie mehr Steuern als vor der Heirat.
Der Grund: Die beiden Einkommen werden nun zusammengerechnet und fallen in eine höhere Steuerprogression. Das betrifft vor allem Paare, bei denen beide ähnlich gut verdienen. Die Kantone haben diese Benachteiligung bei den Staats- und Gemeindesteuern inzwischen zwar gemildert oder sogar beseitigt. Und bei der direkten Bundessteuer wird allen Verheirateten ein Pauschalabzug von 2700 Franken gewährt.
Ehepaare können zudem die Hälfte des tieferen Einkommens oder mindestens 8300 Franken und maximal 13'600 Franken abziehen, den sogenannten Doppelverdienerabzug. Trotz diesen Abzügen zahlen viele Ehepaare und in eingetragener Partnerschaft Lebende aber immer noch deutlich mehr Steuern als Konkubinatspaare, wie das Beispiel zeigt (Tabelle).
Was müssen wir bei der Pensionskasse berücksichtigen?
Wer im Konkubinat lebt, ist bei der Pensionskasse weniger gut abgesichert. Im Todesfall kann die Kasse dem überlebenden Partner Leistungen auszahlen, wenn das ihr Reglement vorsieht. Gesetzlich dazu verpflichtet ist sie aber nicht.
Bei der Ehe und der eingetragenen Partnerschaft ist man hingegen automatisch für eine Hinterbliebenen-Rente anspruchsberechtigt, wenn gewisse Kriterien erfüllt sind: Der überlebende Partner ist mindestens 45 Jahre alt und das Paar war seit mindestens fünf Jahren verheiratet beziehungsweise in eingetragener Partnerschaft lebend. Oder wenn man für den Unterhalt für ein Kind aufkommen muss.
Falls meinem Ehepartner etwas zustösst, kann ich dann stellvertretend entscheidend?
Das ist nicht automatisch so. Wenn jemand seine Wünsche nicht mehr ausdrücken kann, zum Beispiel nach einem Unfall oder wegen einer schweren Krankheit, kommt automatisch die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) ins Spiel. Ehepaare sollten sich darum mit einem Vorsorgeauftrag gegenseitig absichern, wenn sie wichtige Entscheidungen nicht den Behörden überlassen wollen. Der Vorsorgeauftrag muss wie ein Testament eigenhändig verfasst, datiert und unterschrieben werden. Oder man lässt ihn öffentlich beurkunden. Wenn man den Vorsorgeauftrag aufsetzt, muss man handlungsfähig sein, also volljährig und urteilsfähig.
Die Ehe hat grosse Auswirkungen auf Ihre finanzielle Situation. Alles dazu erfahren Sie im neuen Merkblatt "Ehe für alle": Das müssen LGBT für ihre Finanzen wissen. Oder sprechen Sie mit einer Fachperson im VZ in Ihrer Nähe.